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Die COP28 – riesige Feigenblätter für den immer katastrophaleren Status Quo - ein NABU Kommentar

aus: https://blogs.nabu.de/naturschaetze-retten/die-cop28-riesige-feigenblaetter-fuer-den-immer-katastrophaleren-status-quo/?utm_source=newsletter&utm_medium=email&utm_campaign=231220+Landnutzung 

 

Die COP28 – riesige Feigenblätter für den immer katastrophaleren Status Quo

"12.12.2023: Vom 30. November bis zum 12. Dezember 2023, fand die 28. Weltklimakonferenz (COP28) unter der Präsidentschaft der Vereinigten Arabischen Emirate (UAE) in Dubai statt. Der NABU war mit seinem Referenten für Bodenpolitik, Simon Krämer, dem Autor dieses Blogbeitrags, sowie einer Jugenddelegation der NAJU vor Ort. 

Zum Ende der COP28 und kurz nach dem thematischen „Food Agriculture and Water Day“, teilen wir hier sein vorläufiges Resümee – mit einer Perspektive, die versucht, die Natur-, Klima- und humanitären Krisen konsequent zusammen zu denken.

Wüste, Patriarchen und Klima

Die 28. Weltklimakonferenz startete unter einem denkbar schlechten Stern – der Schirmherrschaft einer absolutistischen Monarchie, die ihr heutiges Geld und ihren Einfluss den fossilen Energien verdankt. Darüber hinaus verdunkelten eskalierende und die Menschenrechte verachtende Kriege bereits im Vorfeld die Chancen auf Konsens zwischen den beteiligten Staaten in ihrem „gemeinsamen Kampf“ gegen die Natur- und Klimakrise.

Nichtsdestotrotz startete die COP28 jedoch mit einem kleinen Erfolg: Der auf der letzten Weltklimakonferenz beschlossene „Loss and Damage Fund wurde bereits am ersten Tag der COP28 handlungsfähig gemacht – wenn auch ohne eine finanzielle Ausstattung, die letztlich realwirtschaftlich oder realökologisch von Bedeutung wäre.

Dieses Mini-Momentum verlief sich dann auch schnell im Sande der sich bereits seit Jahrtausenden ausbreitenden Wüsten in der Region. Vor elftausend Jahren waren allerdings auch die Sahara und die Arabische Halbinsel noch grüne Steppen. Wie neueste Erkenntnisse der Wissenschaft bezeugen, haben jedoch die Menschen maßgeblich zum Wandel beigetragen, indem sie über die Jahrhunderte und Jahrtausende die Böden ausgelaugt und die Wasserkreisläufe der Region zerstört haben. Ein Blueprint für die erderhitzende Lebensweise, mit der etliche Zivilisationen, von der Han-Dynastie über die Römer bis hin zu den Amerikanern heute, Klima, Ökosysteme und die Zukunft der Menschheit gleichermaßen weltweit zerstört haben und noch immer zerstören.

Kurz nach diesem hoffnungsvollen Auftakt zeigte der Präsident der COP und CEO der Abu Dhabi National Oil Company, Sultan Al Jaber, jedoch auch öffentlich seine wahre Haltung zu deren Inhalten, als er der ehemaligen irischen Präsidentin und Klima- und Menschenrechtsverteidigerin Mary Robinson mansplainte (also paternalistisch „erklärte“), dass es keine Wissenschaft gäbe, die besagte, dass der Ausstieg aus fossilen Energien für das 1,5-Grad-Ziel vonnöten wäre. Nachdem Robinson ihn daraufhin mit der Äußerung herausforderte, sie „habe gelesen, dass Ihr Unternehmen in Zukunft noch viel mehr in fossile Energien investieren wird.“ antwortete Al Jaber, „Sie lesen ihre eigenen Medien, die voreingenommen und falsch sind. Ich sage Ihnen, ich bin der Mann, der das Sagen hat.“ (zu sehen hier). Ein Austausch, der schon frühzeitig wenig Hoffnung auf wirkliche Durchbrüche machte.

Gefährliches Greenwashingnimmt kein Ende

Der Dezember soll eigentlich die kühlere Jahreszeit in Dubai sein, doch ist es außergewöhnlich warm hier, zeitweise gepaart mit dichtem Smog, der beispielsweise am Morgen des thematischen „Health Days“ der COP28 die Wolkenkratzer Dubais verhüllte. Entsprechend konstatieren Wissenschaftler*innen, dass in den frühen 2040er Jahren weite Teile des Nahen Ostens und Nordafrikas zu heiß sein werden, um bewohnbar zu sein. Seinen Äußerungen nach scheint den Sultan die Angst vor verpassten Profiten jedoch weitaus mehr anzutreiben als die Zukunft der Kinder und Enkelkinder seines Landes.

Doch auch der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz scheint seine Prioritäten noch nicht wirklich mit einer lebenswerten Zukunft auf diesem Planeten in Einklang gebracht zu haben. So signalisierte er in seiner Rede keineswegs ausdrücklich die klimapolitisch notwendige Unterstützung für ein massives Herunterfahren von Kohle, Öl und Gas bis 2030 ohne Wenn und Aber. Er forderte zwar perspektivisch den Ausstieg aus fossilen Energieträgern, betonte aber zugleich, dass wir vorerst weiter möglichst sauber produziertes und transportiertes Gas bräuchten. Damit falle er den gegenüber den Folgen der Klimakrise verletzlichsten Staaten in den Rücken, da „ohne das massive Herunterfahren der fossilen Energien die existenziell wichtigen Klimaziele von Paris nicht zu erreichen sind“, so Christoph Bals, politischer Geschäftsführer vonGermanwatch.

Stattdessen freuten sich in Dubai die politischen Entscheidungsträger*innen und entsprechenden Kreise der COP über diePräsidentschaftdeklaration, die vermeintlich erstmalig Landwirtschaft und Ernährung ins Zentrum der Klima-Diskussionen auf der COP bringen sollte und von mehr als 145 Nationen bestätigt wurde. Allerdings sind auch die interstaatlichen Verhandlungen zur „Joint work on implementation of climate action on agriculture and food security “ – die aus der Perspektive der Natur-, Klima- und humanitären Krisen wohl wichtigsten internationalen Verhandlungen zur katastrophalen Lage allen Lebens auf Erden – bereits am 05.12. gescheitert, ohne je wirklich begonnen zu haben. Unter anderem, da die G7-Staaten, nach unserem Verständnis, den G77-Staaten und China (also insgesamt 135 Staaten und somit rund 80 Prozent der Weltbevölkerung) u.a. nicht zugestehen wollten, eine Arbeitsgruppe so zu benennen, wie sie es wollten. Stattdessen verlief sich die Arbeit der Arbeitsgruppe im Wüstensand.  

Die Zahlen die tatsächlich von Bedeutung sind

Groß gefeiert werden indes neben der Deklaration private und „public-private“ Initiativen, wie zum Beispiel die„Action Agenda on Regenerative Landscapes“, in der sich große Agrar- und Ernährungskonzerne dazu verpflichten, bis 2030 160 Millionen Hektar landwirtschaftliche Ackerfläche in eine Regenerative Landwirtschaft zu überführen, mit 2,2 Milliarden US-Dollar Investment und 3,6 Millionen Landnutzer*innen weltweit. 

160 Millionen, 2,2 Milliarden und 3,6 Millionen – dies hört sich nach großen und auch bedeutsamen Zahlen an. Allerdings ein bisschen weniger, wenn wir die Zahlen im Kontext unseres heutigen globalen, jährlich +10 Billionen US-Dollar umsetzenden Agrar- und Ernährungssystems betrachten. Dieses umfasst nämlich circa

  • 5 Milliarden Hektar globale Agrarfläche
  • 656 Millionen landwirtschaftliche Betriebe weltweit und
  • jährliche globale Agrarsubventionen in Höhe von 817 Milliarden US-Dollar für die industrielle Landwirtschaft – etwa 1 Million US-Dollar pro Minute.

Doch was sind die bedeutendsten Fakten, die dieses Agrar- und Ernährungssystem schafft und prioritär adressiert werden müssten?

  • Alle vier Sekunden lässt es einen unserer Mitmenschenverhungern.
  • Alle sieben Minuten rottet es eineMitspezies von uns aus.
  • Es verbraucht mind. 15 Prozent aller fossilen Energienjährlich.
  • Es ist für mindestens 34 Prozent aller Emissionen von 1990 bis 2015verantwortlich
  • Und es ist verantwortlich für den Verbrauch von 72 Prozent allerFrischwasserreserven.

Es sind Fakten, die die Greenwashing-Version der Regenerativen Landwirtschaft vonCropLife International und Co. (Bayer, Syngenta, etc.) nicht anerkennen will und nicht anerkennen kann. Denn diese Konzerne haben sich lediglich den Namen dieser Form der Landwirtschaft angeeignet, die zuvor zahlreiche Pionierlandwirt*innen weltweit hart erarbeitet haben und weiterhinverteidigen. Es muss entsprechend ganz klar differenziert werden zwischen einer Landwirtschaft, in der diese Landwirt*innen eine neue, fruchtbare und intensive Partnerschaft mit der Bodenbiodiversität und -gesundheit zum Wohle aller eingehen, und der “4. landwirtschaftlichen Revolution” der Konzerne oder leider auch derWelternährungsorganisation, die vor allem auf Precision Agriculture, Climate Smart Agriculture, globale Liederketten etc. setzen. 

Was uns wirklich helfen könnte

Im Vergleich zu den Aussagen von Sultan Al Jaber und den Lippenbekenntnissen von Bundeskanzler Scholz besitzt Gustavo Pedro, der erste nicht neoliberale Präsident in der neueren Geschichte Kolumbiens, den Mut, die Ehrlichkeit und das Rückgrat, für den schnellstmöglichen Ausstieg aus den fossilen Energien einzustehen. Denn die kolumbianische Nation hat den „Fossil Fuel Free Non-Proliferation Treaty“unterzeichnet, der ursprünglich von den kleinen Inselentwicklungsländern ausgearbeitet wurde und darauf abzielt, keine neuen fossilen Energiereserven mehr zu erschließen. Und all dies, obwohl Kolumbien eigentlich über reichlich Öl-, Gas- und Kohlevorkommen verfügt. Ein Beispiel, das weltweit Schule machen sollte!

Was wir zudem alle – neben dem Ausstieg aus den fossilen Energien – schleunigst umsetzen sollten, um zu verhindern, dass wir die Welt im Eiltempo in Endzeitwüsten à la „Mad Max“  verwandeln, wäre die Verpflichtung, Agrarsubventionen radikal neu zu entwerfen: Um die Agrar-Ökosystemleistungen von Landwirt*innen ergebnisorientiert und planungssicherheitsfördernd zu entlohnen. Und dadurch eine echte Regenerative Landwirtschaft überall voranzutreiben. Damit würde man gleichzeitig auch die aktuellen Profiteure des industriellen Agrar- und Ernährungssystems – auch ohne Ordnungsrecht – zumindest indirekt bestrafen können: da ihre Subventionen verschwinden.

Darüber hinaus müssen wir schleunigst unsere Ozeane säubern und den Plastik- und Toxin-Eintrag in die Umwelt unterbinden. Ansonsten –so prognostizieren Wissenschaftler*innenerreichen wir 2045 einen Kipppunkt in den marinen Ökosystemen, der es uns bereits 2085 unmöglich machen würde, ohne Sauerstoffmaske im Freien zu atmen. Bereits fünf Mal konnte sich die Biosphäre schon von versauerten Ozeanen und globalen Massenaussterben erholen. Immer waren es die Pilze, s.g. Fungi-Spikes, die das Leben noch vitaler, diverser und komplexer als zuvor regeneriert haben. All dies geschah jedoch auf Zeitskalen, die für uns Menschen schwer vorstellbar sind.

Zum Glück gibt es jedoch auch heute – im Gegensatz zu den aktuellen Scheinlösungen der COP28 und den meisten unserer Regierungen – einige holistische Ansätze, die die Natur und Klima Krisen beginnen konsequent zusammen denken. Ansätze, die auch Pilze und Ozeane im Fokus haben, und die eigentlich die Aufmerksamkeit und Energie unserer Staaten und all ihrer Bürger*innen verdienen würden.

Hier einige Beispiele holistischer Lösungsansätze:

Es liegt letztlich bei uns allen, unsere Prioritäten neu zu sortieren und den Mut und das Rückgrat zu finden, konsequent für den Fortbestand allen Lebens auf der Erde einzustehen.

Der Autor möchte sich zum Abschluss dieses Berichts, unter den sehr zwiespältigen Eindrücken der COP28, aber auch in Anbetracht der zuvor genannten wissenschaftlichen Erkenntnisse und vielfältigen Lösungsansätze und der Hoffnung, die diese trotz allem vermitteln, in tiefster Ehrfurcht vor allem Leben bei allem Leben bedanken, das all dies in der Vergangenheit geschaffen hat und dies in der Zukunft weiter versuchen wird. Nur gemeinsam, geeint in unseren Idealen, demütig, selbst-kritisch und historisch reflektiert, können wir das Ruder noch herumreißen und eine lebenswerte Zukunft auf Erden erneut erwachsen lassen. Ganz im Sinne von Walter BenjaminsEngel der Geschichte: Ein Sturm weht vom Paradiese her!"

 

***

Die Entwicklungen beim Klima insbesondere von Extremwetterereignissen, bei dem zunehmenden Versagen der Verkehrsträger (Straßen, Brücken) durch Überlastung (LKW Dimensionen in Anzahlen, Größen und Gewichten), bei den zunehmenden Zahlen gesundheitlicher Störungen (u.a. Hitzetote) lassen an ein Gedicht eines der berühmtesten deutschen Dichter denken:

...Herr, die Not ist groß!
Die ich rief, die Geister
Werd’ ich nun nicht los....

 

 

https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Zauberlehrling 

"...  Goethe zeigt in dem Gedicht seine Skepsis gegenüber dem Autonomiestreben, das noch seine Sturm-und-Drang-Zeit bestimmte. Der Versuch, gegen die Herrschaft des Meisters aufzubegehren und selbstständig zu handeln, führt aufgrund massiver Kompetenzdefizite des Lehrlings ins Chaos. Erst die Besinnung auf die alte Autorität und die ursprüngliche Ordnung rettet die Situation. So gesehen ist der Zauberlehrling als existenzphilosophische Parabel über die Risiken, die mit der Bildung, Herrschaft und Arbeit des Menschen verbunden sind, das Gegenstück zu Prometheus. Das Gedicht spiegelt das Gedankengut der Weimarer Klassik wider. Die Handlung der Ballade bleibt in sich geschlossen, lässt sich aber auf zahlreiche Bereiche übertragen. Besonders die Übertragung auf die Erkenntnisse der Wissenschaft und die nicht immer abschätzbaren Folgen liegt nahe. Der sprichwörtliche Satz „Die ich rief, die Geister, werd’ ich nun nicht los“ beschreibt sehr anschaulich die Dilemmata einer Wissenschaft, die für die Folgen ihrer Forschung verantwortlich gemacht wird.[10]

Mit seiner Warnung vor der Eigenmächtigkeit von Menschen, die im Grunde genommen nur „Lehrlinge“ sind, reagiert Goethe auf die Revolution auf ähnliche Weise wie sein Freund Friedrich Schiller, der in seinem 1799 veröffentlichten Lied von der Glocke warnt: Der Meister kann die Form zerbrechen / Mit weiser Hand, zur rechten Zeit; / Doch wehe, wenn in Flammenbächen / Das glüh’nde Erz sich selbst befreit!...."

Gegen die Zeit - Dinosaurier des Jahres (NABU) - 2023 - Deutschlandpakt, Planungsbeschleunigung auf Kosten der Natur
Vielfalt schützen - Naturkrise abwenden

 

 Gedanken zur Klimakrise - Initiative  Emmelsum Biotop retten https://emmelsum-biotop-retten.de/klimawandel/

 

die Gänse des Lippemündungsraums - Vogelschutzgebiet Unterer Niederrhein

ca 200.000 arktische Gänse

überwintern jedes Jahr am Niederrhein

auch der Lippemündungsraum wird von ihnen genutzt

das behördlich ausgewiesene Gänseschongebiet umfasst auch die Lippeauen

Quelle: https://www.uvo.nrw.de/uvo.html?lang=de

einschließlich der Auwiesen Lippedorfs - das Schongebiet reicht hier bis an die Frankfurter Straße  -

 des Biotops Emmelsum sowie des Biotops Rhein-Lippe-Hafen Süd

Das VSG ist als Durchzugs- und Überwinterungsgebiet für 200.000 bis 250.000 Bläss-, Saat- und Weißwangengänse von ganz herausragendem, europaweiten Wert.

Quelle: https://www.uvo.nrw.de/uvo.html?lang=de

Der Trend für diese nordischen Wildgansarten ist zunehmend* bzw. stabil. So überwintert ca. 20-25 % der  geschätzten westeuropäischen Winterpopulation der Blässgans im VSG Unterer Niederrhein.

* das bedeutet leider nichts Gutes, denn der Verlust von Naturflächen führt zu einer Konzentrierung der Fauna in den verbliebenen Flächen - die es umso mehr zu schützen und stärken gilt!

aus:

Antwort
der Landesregierung
auf die Kleine Anfrage 5236 vom 26. März 2021
des Abgeordneten Norwich Rüße BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Drucksache 17/13220

s.u. folgende Seite

 

Das Vogelschutzgebiet Unterer Niederrhein ist einzigartig in Europa,

es ist das Überwinterungsgebiet für bis zu 200.000 arktische Gänse, die hier alljährlich im Zentrum eines einzigartigen Naturschauspiels stehen. Die Gänse sind lebendiger Ausdruck für die Notwendigkeit eines internationalen Biotopverbundes, der die Niederlande - ebenfalls Überwinterungsquartier - mit dem Niederrhein verbindet, aber auch die im fernen Sibirien befindlichen Brutreviere der Gänse einbezieht. Neben der herausragenden Bedeutung des Gebietes für Blässgans und Saatgans, hat das Vogelschutzgebiet mit seinen zahlreichen Gewässern einerseits für viele hier brütende Vogelarten landesweite Bedeutung (Flussseeschwalbe, Trauerseeschwalbe, Teichrohrsänger, Löffelente, Tüpfelsumpfhuhn), andererseits wird es neben den Gänsen von vielen weiteren Vogelarten (z.B. Rohrdommel, Bruchwasserläufer, Singschwan, Zwergschwan, Zwergsäger) als Rast- und Überwinterungsgebiet genutzt. Die kiesig, sandigen Rheinufer, aber auch der Abgrabungsseen sind ein bevorzugter Brutplatz des Flussregenpfeifers. Im Bereich des Grünlandes, vor allem dann, wenn es in Teilen der Altaue und im Umfeld von Altwässern bei relativ hohem Grundwasserstand nicht so intensiv genutzt wird, brüten Rotschenkel, Uferschnepfe, Kiebitz, Grosser Brachvogel und Wachtelkönig. Auf selten gewordenen anmoorigen und mit Weidengebüschen durchsetzten Extensivgrünlandflächen brüten Blaukehlchen und Schwarzkehlchen. Die gekammerten Landschaftsteile mit ihren ausgedehnten Kopfbaumbeständen beherbergen ein Schwerpunktvorkommen des Steinkauzes in NRW, zugleich eines der bedeutenden Vorkommen in Deutschland. Die Weichholzauenwälder und -gebüsche sind der Lebensraummittelpunkt von Pirol und Nachtigall. Zahlreiche Teilflächen werden wegen ihrer auentypischen Lebensraumausstattung auch als FFH-Gebiet in das Netz NATURA 2000 eingeknüpft.

jetzt steht hier das größte Gebäude von Wesel

 

 

Quellen und Verweise

https://natura2000-meldedok.naturschutzinformationen.nrw.de/natura2000-meldedok/de/fachinfo/listen/meldedok/DE-4203-401

https://www.lanuv.nrw.de/natur/schutzgebiete/vogelschutzgebiet-unterer-niederrhein

https://gruene-fraktion-nrw.de/parlament/mangelhafte-umsetzung-von-naturschutzrichtlinien-am-beispiel-des-vogelschutzgebiets-unterer-niederrhein-was-unternimmt-die-landesregierung-um-einem-weiteren-eu-vertragsverletzungsverfahren-vorzubeug/

https://gruene-fraktion-nrw.de/wp-content/uploads/2021/03/Antwort-17-13443-Naturschutzrichtlinien.pdf

https://nrw.nabu.de/natur-und-landschaft/naturschutz-nrw/schutzgebiete/natura-2000/unterer-niederrhein/index.html

https://www.nabu-naturschutzstation.de/schutzgebiete/vogelschutzgebiet-unterer-niederrhein/

https://de.wikipedia.org/wiki/Unterer_Niederrhein

 

 


 

Mangelhafte Umsetzung von Naturschutzrichtlinien am Beispiel des Vogelschutzgebiets Unterer Niederrhein:

Kleine Anfrage von Norwich Rüße

Am 18. Februar 2021 berichteten die Medien über die Eröffnung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen Deutschland (2014/2262), da hier laut Einschätzung der Europäischen Kommission die Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Richtlinie nur unzureichend umgesetzt werde. Dieses Verfahren steht im Kontext weiterer Vertragsverletzungsverfahren in Zusammenhang mit der Umsetzung der Natura2000-Richtlinien (z. B. 2018/9300 – Schutz des Grünlandes). Der Zweck von Natura2000 ist der länderübergreifende Schutz gefährdeter wildlebender heimischer Pflanzen- und Tierarten und ihrer natürlichen Lebensräume durch ein zusammenhängendes Netz von Schutzgebieten innerhalb der Europäischen Union (EU).

Der Handlungsdruck ist hoch, auch in Nordrhein-Westfalen: Der FFH-Bericht 2019 des Landes dokumentiert die drastische Verschlechterung zahlreicher Lebensraumtypen und Vorkommen bedrohter Zielarten in den Natura2000-Gebieten in NRW.

Das Land NRW wurde 2006 mit dem Vertragsverletzungsverfahren 2001/ 5003 – Vogelschutz-Richtlinie Vogelschutzgebiet „Unterer Niederrhein“ verklagt. Hierzu konnte 2008 ein Kompromiss mit der EU-Kommission ausgehandelt werden. Die Einigung zwischen dem Land NRW und der EU-Kommission sah vor, dass das Vogelschutzgebiet mit Verordnung vom 28.4.2009 um 5.538 ha auf insgesamt 25.809 ha erweitert werden sollte. Gleichzeitig verpflichtete sich das Land NRW gegenüber der EU-Kommission zur Erarbeitung eines Maßnahmenplans (MAKO) für das EU-Vogelschutzgebiet sowie zur Umsetzung der darin vorgeschlagenen Maßnahmen zur Verbesserung des Erhaltungszustands der Zielarten unter den Brut- und Rastvögeln innerhalb von zehn Jahren.

Dieser Maßnahmenplan wurde im Jahr 2011 vorgelegt und sollte innerhalb von zehn Jahren umgesetzt werden (https://www.lanuv.nrw.de/fileadmin/lanuv/natur/schutzgeb/vogelschutzgebiete/mako/MAKO_VSG_Unt erer_Niederrhein_Endfassung.pdf); das MKULNV erklärte ihn für behördenverbindlich. Sollten die im MAKO konkret bezifferten Maßnahmen Stand heute nicht umgesetzt sein, droht ein neues Vertragsverletzungsverfahren.

Bei unzureichender Umsetzung der Richtlinien bestehen für NRW erhebliche finanzielle Risiken. Die innerstaatliche Haftung regelt Art. 104a Abs. 6 GG zusammen mit § 1 des Gesetzes zur Lastentragung im Bund-Länder-Verhältnis (LastG). Danach sind Zahlungsverpflichtungen von derjenigen staatlichen Ebene zu tragen, in deren innerstaatlichen Zuständigkeits- und Aufgabenbereich die lastbegründende Pflichtverletzung erfolgt. Die administrative Umsetzung der Vorgaben der FFH- und Vogelschutzrichtlinie liegt in der Zuständigkeit der Länder. Dies gilt auch für eine Bewertung der Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen in Natura-2000-Gebieten.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

  1. Was hat die Landesregierung bisher zur Umsetzung des o. g. Maßnahmenkonzeptes für das EU-Vogelschutzgebiet Unterer Niederrhein veranlasst?
  2. Wie haben sich die Bestände der wertgebenden Brut- und Rastvögel im EU-Vogelschutzgebiet Unterer Niederrhein von 2011 bis 2020 mit Blick auf die festgelegten Zielwerte entwickelt? (analog zu Tab. 5 auf Seite 36 und Tab. 8 auf Seite 69 des MAKO)?
  3. Welche der in Tabelle 12 des MAKO für das EU-Vogelschutzgebiet Unterer Niederrhein genannten Maßnahmen wurden seit dem Jahr 2011 mit Nutzen für welche Arten durchgeführt? (Bitte in der Antwort Einzelmaßnahmen und die dafür aufgewandten Beträge auflisten).
  4. Welche Personal- und Sachmittel sind notwendig, um die gesetzlich erforderlichen Schutz- und Entwicklungsmaßnahmen zeitnah (innerhalb von fünf Jahren) durchzuführen?
  5. Wie bewertet die Landesregierung die Wirkung der bislang ergriffenen Maßnahmen (Schutzgebietsverordnungen, freiwillige Projekte) hinsichtlich der Umkehr der dramatischen Verluste von Lebensraumtypen und Zielarten?

ANTWORT

LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN    |  17. Wahlperiode     Drucksache 17/13443   21.04.2021  |    Datum des Originals: 21.04.2021/Ausgegeben: 27.04.2021

Antwort
der Landesregierung
auf die Kleine Anfrage 5236 vom 26. März 2021
des Abgeordneten Norwich Rüße BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Drucksache 17/13220

Die Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 5236 mit Schreiben vom 21. April 2021 namens der Landesregierung beantwortet.

1. Was hat die Landesregierung bisher zur Umsetzung des o. g. Maßnahmenkonzeptes für das EU-Vogelschutzgebiet Unterer Niederrhein veranlasst?

Die Kreise Wesel und Kleve sowie die Stadt Duisburg berichten regelmäßig zum Stand der Umsetzung des Maßnahmenkonzeptes (MAKO) für das EU-Vogelschutzgebiet (VSG) Unterer Niederrhein. Die konkrete Umsetzung des seit März 2011 vorliegenden MAKOs für dieses VSG ist von der Verfügbarkeit der betreffenden Flächen und von der Bereitschaft der Grundeigentümer und der Inhaber bestehender Rechte abhängig.

Ein wesentlicher Schwerpunkt der Umsetzung des MAKOs erfolgt über die EU-kofinanzierten LIFE-Projekte. Seit 2009 wurden acht LIFE-Projekte im VSG Unterer Niederrhein
abgeschlossen oder befinden sich derzeit in der Umsetzung:
• Uferschnepfen-Lebensraum Hetter 2009-2014
• Rhein-Nebenrinne Bislich-Vahnum 2010-2019
• Fluss- und Auenoptimierung Emmericher Ward 2012-2021
• Grünland für Wiesenvögel in der Düffel 2012-2023
• Orsoyer Rheinbogen 2013-2018
• Wiederherstellung des Feuchtgebietscharakters der Emmericher Ward 2018-2024
• Lebendige Röhrichte 2018-2025
• Wiesenvögel NRW 2020-2027.


Kontinuierlich werden konkrete Natur- und Artenschutzmaßnahmen für die im Standarddatenbogen für das VSG Unterer Niederrhein aufgeführten Vogelarten von den
Kreisen Kleve und Wesel, der Stadt Duisburg und von vier Biologischen Stationen durchgeführt. Ein wichtiges Naturschutzinstrument ist der Vertragsnaturschutz, dessen
Umsetzung in Kooperation mit den Bewirtschaftern erfolgt. Folgende weitere Maßnahmen wurden bzw. werden im VSG Unterer Niederrhein regelmäßig durchgeführt (Auflistung ohne Anspruch auf Vollständigkeit):
• Ankauf von Flächen für den Naturschutz
• Schaffung und Etablierung von Schilfröhrichten
• Entwicklung von Auwäldern
• Gehölzschnittmaßnahmen
• Erhaltung, Wiederherstellung und Etablierung von artenreichem Grünland
• Grünlandvogelgerechte Bewirtschaftung
• Anlage von Kompensationsflächen (Ackerrandstreifen, Blühbrachen)
• Etablierung von Ruhezonen, u.a. Vereinbarung mit den Pächtern der Gewässer
• Vereinbarung „Angeln am Rhein“ mit der Rheinfischereigenossenschaft
• Steuerung der Wasserstände zur Optimierung der Flächen für Wiesenvögel
• Verbesserung der Wasserverhältnisse
• Anlage von Blänken
• Anlage von rheinnahen Kleingewässern
• Anlage von Nebenrinnen am Rhein und Uferabflachung (Synergieeffekte mit der Wasserrahmenrichtlinie)
• Teilentsiegelung und Renaturierung der NATO-Straße (Ruhigstellung des Kernbereiches im Orsoyer Rheinbogen)
• Vereinbarungen mit den Abgrabungsunternehmen hinsichtlich Maßnahmen für den Vogelschutz
• Artenschutzmaßnahmen Trauerseeschwalbe und Flussseeschwalbe
• Gelegeschutz, u.a. von Wiesenvögeln (Sperrung von Flächen, Errichtung von Schutzzäunen, Gelegemarkierung)
• Reduzierung der Prädation, Bejagung der Waschbären-Population
• Schonzeit für Wildgänse ab dem 15.10. jeden Jahres
• Fortführung der Entschädigung für Fraßschäden durch nordische Gänse
• Öffentlichkeitsarbeit und Besucherlenkung, Einsatz von Rangern.


2. Wie haben sich die Bestände der wertgebenden Brut- und Rastvögel im EU- Vogelschutzgebiet Unterer Niederrhein von 2011 bis 2020 mit Blick auf die festgelegten Zielwerte entwickelt? (analog zu Tab. 5 auf Seite 36 und Tab. 8 auf Seite 69 des MAKO)?

Für die Brutvogelarten der Feuchtwiesen ergibt sich im VSG Unterer Niederrhein folgende Bestandssituation:

Knäkente, Löffelente, Kiebitz, Uferschnepfe und Wiesenpieper zeigen im VSG Unterer Niederrhein deutliche Rückgänge,die dem überregionalen Bild entsprechen.
Die Bekassine ist als Brutvogel ausgestorben.
Der starke Rückgang des Wachtelkönigs seit 1979-83 und der Rückgang des Rotschenkels werden nur teilweise auch überregional abgebildet.
• Die starke Zunahme des Großen Brachvogels seit 1979-83 entspricht nicht dem deutschland- und europaweiten Bild.
Die Arten der Feuchtwiesen zeigen überwiegend auch im nationalen und internationalen Kontext deutliche Rückgänge(u.a. Uferschnepfe, Rotschenkel und Kiebitz).
Bei den röhrichtbrütenden Arten ergibt sich folgende Bestandssituation:
Die Abnahme von Rohrdommel, Zwergdommel, Tüpfelsumpfhuhn und Rohrweihe gegenüber 1979-83 entspricht nicht dem überregionalen Trend (Rohrdommel, Zwergdommel und Tüpfelsumpfhuhn waren am Niederrhein schon bei der Ausweisung des VSG 1983 sehr selten).
• Die schwankende Bestandssituation der Wasserralle (bei jüngsten Abnahmen) und die Zunahme des Blaukehlchens seit 1979-83 entsprechen den überregionalen Trends.

Bei den sonstigen Brutvogelarten ist folgendes festzuhalten:
Die Abnahme der Tafelente seit 1979-83 entspricht dem überregionalen Trend.
• Die Zunahmen bei Fluss- (bei Abnahme 2020) und Trauerseeschwalbe entsprechen bei ersterer dem überregionalen Bild, bei letzterer nicht der Situation in Deutschland
und Europa, wo stabile bis unbekannte Trends festgestellt werden.
Der Rückgang der Grauammer-Population entspricht dem Bild im übrigen Nordrhein-Westfalen und großen Teilen Westeuropas.
• Die Zunahme des Schwarzmilans spiegelt die überregionale Situation wider.
Seit 2017 brütet der Seeadlerund seit 2020 der Löffler im VSG Unterer Niederrhein.
Für die Rastvögel ergibt sich folgende Bestandssituation:
• Bei Blässgans und Weißwangengans zeigen sich deutliche Bestandszunahmen*, die im Einklang mit der deutschlandweiten Entwicklung stehen.* das bedeutet leider nichts Gutes, denn der Verlust von Naturflächen führt zu einer Konzentrierung der Fauna in den verbliebenen Flächen
• Der Weißstorch zeigt ebenfalls im VSG Unterer Niederrhein deutliche Zunahmen, die dem Landestrend entsprechen.
Saatgans, Singschwan und Zwergschwan gehen am Unteren Niederrhein langfristig zurück, was wahrscheinlich mit dem Klimawandel (Verlagerung von
Überwinterungsgebieten nach Nordosten) begründet werden kann.
Goldregenpfeifer und Kampfläufer zeigen am Unteren Niederrhein langfristig deutliche Rückgänge und sind kurzfristig auf niedrigem Niveau stabil.
• Die aktuellen Rastbestände folgender Arten im VSG Unterer Niederrhein sind nicht bekannt: Schnatterente, Löffelente, Tafelente, Zwergsäger, Bruchwasserläufer,
Dunkler Wasserläufer, Grünschenkel und Waldwasserläufer, daher lassen sich Trends derzeit nicht abschätzen.

3. Welche der in Tabelle 12 des MAKO für das EU-Vogelschutzgebiet Unterer Niederrhein genannten Maßnahmen wurden seit dem Jahr 2011 mit Nutzen für welche Arten durchgeführt? (Bitte in der Antwort Einzelmaßnahmen und die dafür aufgewandten Beträge auflisten).

Eine Auflistung aller in den vergangenen zehn Jahren im Bereich des knapp 26.000 ha großen VSG Unterer Niederrhein durchgeführten, in der Tabelle 12 des MAKO „Unterer Niederrhein“ benannten Maßnahmen in der erbetenen Einzeldarstellung ist nicht möglich, da in den allermeisten Fällen Maßnahmen, die auf die Umsetzung der MAKO-Aufgaben gerichtet sind, in den Rahmen größerer Projekte eingebettet sind. In all diesen Fällen ist eine Einzeldarstellung der Maßnahmen, insbesondere ihrer Kostenanteile, nicht möglich.

Die folgende Aufstellung gibt einen kursorischen Überblick über die seit 2011 im VSG Unterer Niederrhein umgesetzten Maßnahmen des MAKO:
Maßnahme Zielarten Orte erfolgter Umsetzung Erhöhung der Bodenfeuchte Wiesenvögel Düffel, Salmorth, Hetter, Bislicher Insel Anlage von Blänken Wiesenvögel Düffel, Hetter, Hübsche Grändort, Orsoyer Rheinbogen, Bislich- Vahnum, Gut Grindt Anlage von Flutmulden und Nebenrinnen Wasservögel Emmericher Ward, Bislich Vahnum, Reeser Schanz
Schaffung von Flachwasserzonen und flachen Ufern Wasservögel, Limikolen Bislicher Insel, Orsoyer Rheinbogen,
 Schaffung von Schotterinseln Wasservögel, Limikolen Diersfordter Waldsee Nisthilfen Flussseeschwalbe Auesee, Diersfordter Waldsee, Reeser Meer Nisthilfen  Mauerseeschwalbe Altrhein Bienen-Praest, Millinger Meer, Reeser Altrhein Röhrichtentwicklung Röhrichtvögel Altrehin Bienen-Praest, Bergerfurth Verbesserung der Vor-
ortinformation und Schaffung von Naturerlebnismöglichkeiten
Alle Vogelarten des Standarddatenbogens (SDB) Infozentrum De Gelderse Poort, Wahrsmannshof, Infozentrum RVR Bislicher Insel; zahlreiche Infotafeln in den Schutzgebieten, Besucherlenkung Alle Vogelarten des SDB Orsoyer Rheinbogen, Bislicher Insel, Rückbau von Nato- Straßen, Alle Vogelarten des SDB Orsoyer Rheinbogen
Sperrung von Wegen für PKW Alle Vogelarten des SDB Bislich-Vahnum, Orsoyer Rheinbogen


 4. Welche Personal- und Sachmittel sind notwendig, um die gesetzlich erforderlichen Schutz- und Entwicklungsmaßnahmen zeitnah (innerhalb von fünf Jahren) durchzuführen?

Der Landesregierung liegen zur Höhe der Personal- und Sachmittel, die notwendig sind, um die erforderlichen Schutz- und Entwicklungsmaßnahmen innerhalb von fünf Jahren
durchzuführen, keine Informationen vor.

5. Wie bewertet die Landesregierung die Wirkung der bislang ergriffenen Maßnahmen (Schutzgebietsverordnungen, freiwillige Projekte) hinsichtlich der Umkehr der dramatischen Verluste von Lebensraumtypen und Zielarten?

Der rechtliche Schutz des Vogelschutzgebietes Unterer Niederrhein durch naturschutzrechtliche Schutzausweisungen ist inzwischen abgeschlossen und somit gewährleistet.

Darüber hinaus sind auch weiterhin in erheblichem Umfang Maßnahmen notwendig, um eine EU-rechtskonforme, naturschutzfachlich gewünschte Aufwertung des Vogelschutzgebietes zu erreichen.
Das VSG ist als Durchzugs- und Überwinterungsgebiet für 200.000 bis 250.000 Bläss-, Saat- und Weißwangengänse von ganz herausragendem, europaweiten Wert. Der Trend für diese nordischen Wildgansarten ist zunehmend bzw. stabil. So überwintert ca. 20-25 % der  geschätzten westeuropäischen Winterpopulation der Blässgans im VSG Unterer Niederrhein.


Die Jagdverschonung ab 15.10. jeden Jahres für alle Gänsearten im Bereich des VSG Unterer Niederrhein (Regelung in der Landesjagdzeitenverordnung) ist hierfür von hoher  Bedeutung.
Die von Fraßschäden betroffenen Landwirtinnen und Landwirte werden vom Land entschädigt.
Die Ausweisung von störungsarmen Bereichen (z.B. Bislicher Insel, Hetter und Altrhein Bienen-Praest) wirkt sich positiv auf die Ansiedlung und den Bruterfolg von
störungsempfindlichen Vogel wie zum Beispiel Seeadler, Löffler, Trauerseeschwalbe, Schwarzmilan oder auch für den Weißstorch(größte Baumbrüter-Kolonie in NRW) aus. Das
Angebot von Nistflößen hat die Bestände von Trauerseeschwalbe und Flussseeschwalbe gefördert und stabilisiert. Rekultivierungsmaßnahmen an Abgrabungsgewässern sind
bestandsfördernd u.a. für Flussregenpfeifer, Uferschwalbe, Enten, Säger und nordische Gänse.

Weiterhin problematisch ist die Situation für viele Feuchtwiesen- und Röhrichtarten, was im Wesentlichen auf Einflussfaktoren wie unzureichender Wasserhaushalt und Bodenabbau zurückzuführen ist. Auch führt die Tiefenerosion des Rheins (Bundeswasserstraße) zu einem deutlichen Austrocknen des Rheinvorlandes und der angrenzenden Flächen einschließlich der Altarme.

Ergebnisse des Lancet Countdown Berichtes über Klimafolgen für die Gesundheit November 2023

 

Explore the key findings of the 2023 report of the Lancet Countdown

https://www.lancetcountdown.org/about-us/interact-with-the-key-findings/

Visual summary   ↔ Entdecken Sie die wichtigsten Ergebnisse des Lancet-Countdown-Berichts für das Jahr 2023 ↔Visuelle Zusammenfassung

The Lancet Countdown : Tracking the connections between public health and climate change

The Lancet Countdown : Den Zusammenhängen zwischen öffentlicher Gesundheit und Klimawandel auf der Spur

 

Die wichtigsen Daten der Klimakrise in Graphiken (rnd) https://www.rnd.de/wissen/klimakrise-in-grafiken-die-wichtigsten-kennzahlen-im-ueberblick-A3IQUZAFNBHFVNP27HOI6M7SSM.html

The 2023 Global Report of the Lancet Countdown

The latest Lancet Countdown report underscores the imperative for a health-centred response in a world facing irreversible harms. 

Climate inaction is costing lives and livelihoods today, with new global projections revealing the grave and mounting threat to health of further delayed action on climate change. But bold climate action could offer a lifeline for health.

This year’s report launches just weeks before the COP28 which has a health focus for the first time. The findings underscore the opportunity of a lifetime that COP could help deliver – through commitments and action to accelerate a just transition. Without profound and swift mitigation to tackle the root causes of climate change and to support adaptation efforts, the health of humanity is at grave risk.

Our 2023 Report tracks the relationship between health and climate change across five key domains and 47 indicators, providing the most up-to-date assessment of the links between health and climate change.

Die Untätigkeit beim Klimaschutz kostet heute Leben und Lebensgrundlagen.

Neue globale Prognosen zeigen die ernste und wachsende Bedrohung für die Gesundheit, die durch weitere Verzögerungen bei den Klimaschutzmaßnahmen entsteht. Mutige Klimamaßnahmen könnten jedoch ein Rettungsanker für die Gesundheit sein.

Der diesjährige Bericht erscheint nur wenige Wochen vor der COP28, die zum ersten Mal einen Gesundheitsschwerpunkt hat. Die Ergebnisse unterstreichen die einmalige Chance, zu der die COP beitragen könnte - durch Verpflichtungen und Maßnahmen zur Beschleunigung eines gerechten Übergangs.

Ohne tiefgreifende und rasche Maßnahmen zur Bekämpfung der Ursachen des Klimawandels und zur Unterstützung der Anpassungsbemühungenist die Gesundheit der Menschheit ernsthaft in Gefahr. 

Unser Bericht 2023 untersucht die Beziehung zwischen Gesundheit und Klimawandel anhand von fünf Schlüsselbereichen und 47 Indikatoren und bietet die aktuellste Bewertung der Zusammenhänge zwischen Gesundheit und Klimawandel.

  https://www.lancetcountdown.org/2023-report/

→ EU-Klimadienst Copernicus 9. Januar 2024  "Wärmer als in den vergangenen 100.000 Jahren" -Klimawandel: Temperaturerhöhung 2023 knapp unter 1,5°C-Grenze 

Es wird immer wärmer auf der Erde: Im vergangenen Jahr lag die globale Temperatur laut EU-Klimawandeldienst Copernicus 1,48 Grad über dem Durchschnitt der Jahre 1850 bis 1900 - ein neuer Höchstwert. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/148491/Klimawandel-Temperaturerhoehung-2023-knapp-unter-1-5-C-Grenze | https://www.tagesschau.de/wissen/copernicus-klimadaten-100.html

 

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→  Im Gesetz zur Neufassung des Klimaschutzgesetzes NRW wird der Landesregierung (§4) und den anderen öffentlichen Stellen und den Gemeinden (§5) eine Vorbildfunktion beim Klimaschutz zugewiesen – und hier insbesondere bei dem Erhalt des Waldes (§4.3) und der Steigerung des Ressourcenschutzes (§4.4). https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_text?sg=0&menu=1&bes_id=46232&aufgehoben=N&anw_nr=2 

 

Updates

Deutsches Ärzteblatt 5.12.2023 Kimaschutz ist Gesundheitsschutz https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/147800/Klimaschutz-ist-Gesundheitsschutz

„Untätigkeit beim Klimaschutz kostet Leben und beeinträchtigt die Gesundheit jeden Tag“, heißt es in einem sogenannten „Call for action“ anlässlich des gestrigen Gesundheitstages auf der Weltklimakonferenz COP28 in Dubai.... Die WHO und Angehörigen der Gesundheitsberufe weltweit fordern die Regierungen daher auf, ihre bereits eingegangenen Verpflichtungen einzuhalten, das Pariser Abkommen zu erfüllen, den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen zu beschleunigen und ihre Ambitionen für eine gesündere, gerechtere und grünere Zukunft der Menschheit zu erhöhen."

Tagesschau 10.12.2023  UN-Klimakonferenz in Dubai "1,5 Grad vielleicht schon zu wenig ambitioniert" https://www.tagesschau.de/wissen/klima/interview-poertner-100.html 

"... tagesschau.de: Vielleicht müssen wir auch irgendwann einmal anfangen zu erzählen, was wir gewinnen, wenn wir unser Klima retten - saubere Luft, der Meeresspiegel wird nicht zu sehr ansteigen, mehr Gesundheit?

Pörtner: Das ist sicherlich sinnvoll. Wir wissen ja, wenn wir den Klimawandel rechtzeitig bremsen und uns gleichzeitig für eine gesunde Natur einsetzen, dann können wir Artenvielfalt und Klima zusammen schützen. Und genau das sollten wir letztendlich auch tun. Und auf der COP wird auch eine engere Verbindung zwischen Klima und menschlicher Gesundheit gesehen. Der Gesundheitsschutz würde massiv davon profitieren, wenn wir Klimaschutz betreiben. Viele Klimaschutzmaßnahmen sind förderlich für Gesundheit.

Wenn wir zum Beispiel mehr auf die Nutzung unserer Pkw verzichten würden, dann würden wir bei der derzeitigen Motorisierung auch etwas für die Luftqualität tun; wir könnten zudem körperlich aktiver sein. Wir können uns bei erfolgreichem Klimaschutz auch besser an Hitzeextreme anpassen, die wir ja mit dem jetzigen Klimawandel schon bekommen. Die Anpassungsmaßnahmen im Gesundheitssystem würden besser greifen und die ältere Bevölkerung besser geschützt sein vor diesen Extremen...."

Verantwortung des/r Unternehmens/r/n  - GermanWatch 2020 - https://www.germanwatch.org/de : Dezember 2023 : Trotz Booms bei Erneuerbaren Energien: Welt kommt Pariser Klimazielen kaum näher https://www.germanwatch.org/de/89910 

 

 

 

 

 

 

Klima-Atlas, Umwelt- und Flächen- Portal des Landes NRW

Das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen LANUV NRW bietet den BürgerInnen umfängliche Informationen zu vielfältige Aspekten der UMWELT und zur FLÄCHENNUTZUNG auf drei Portalen

 → KLIMA ATLAS Plus

https://www.klimaatlas.nrw.de/klima-nrw-pluskarte

Umfangreiche ortsbezogene, auch historische und zukünftig erwartete Werte zu folgenden Themen: Temperatur, Niederschlag, Sonneneinstrahlung, Wind, Überflutungsschutz, Wasserwirtschaft, Boden, Biodiversität und Naturschutz, Wald- und Forstwirschaft, Landwirtschaft, menschliche Gesundheit, Planung und Bau sowie Konzepte vor Ort

→ ergänzend:  KLIMA KARTEN - Geoportal.Ruhr

https://klima.geoportal.ruhr/

FILTER für: Stadtgrenzen, Stadtklima, Klimawandel, Modelldaten (FITNAH 3D), Regionlklima, Luftbilder und Starkregen

Filter: Regionalklima - Klimaökologische Funktionen → wie die Stadt Wesel vom Lippemündungsraum profitiert - Frischluft!

UMWELT PORTAL 

https://www.umweltportal.nrw.de/

 Zugriff auf Orts bezogene Daten → https://www.umweltportal.nrw.de/umwelt-vor-ort | Umweltkarten: https://www.uvo.nrw.de/uvo.html?lang=de

Das Umweltministerium hat das Service-Angebot für Umweltinformationen aus NRW auf seiner Internet-Plattform www.umweltportal.nrw.de überarbeitet und erweitert. Wie hoch ist die Luftbelastung in Dortmund, wie die aktuelle Hochwasserlage am Rhein? Das Web-Portal informiert über Qualität und Belastung von Umwelt und Natur und ermöglicht einen freien und einfachen Zugang zu umweltrelevanten Infos und behördlichen Umweltdaten aus NRW.

Beispielkarte Lippemündungsraum - Verbundfläche mit herausragender Bedeutung

zahlreiche weitere Karten auf GEOPortal.NRW https://www.geoportal.nrw

 

sowie dem

FLÄCHENPORTAL

https://www.flaechenportal.nrw.de/

 

Beispiel Wesel  https://monitor.ioer.de/?raeumliche_gliederung=gebiete&opacity=0.8&zoom=10&lat=51.516007082492614&lng=6.950225830078126&glaettung=0&ind=S11RG&baselayer=topplus&time=2022&raumgl=krs&klassenanzahl=7&klassifizierung=haeufigkeit&darstellung=auto&ags_array=& der Verlust von Naturfläche 2020-2023 im Bereich der Deltaporthäfen ist noch nicht eingerechnet !

aus "Worum es geht" https://www.flaechenportal.nrw.de/index.php?id=3

Mit der Inanspruchnahme von Freiflächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke gehen nicht nur direkte und indirekte ökologische Folgewirkungen einher, sondern es treten auch verstärkt ökonomische und soziale Folgewirkungen auf. Betroffen durch die Inanspruchnahme sind dabei alle Umweltgüter, d.h. Boden, Wasser, Luft und Klima, Biodiversität und das Landschaftsbild.

Ökologische Folgen

  • Zerstörung der begrenzten Ressource Boden durch Versiegelung
  • Verlust wichtiger Bodenfunktionen durch Erosion oder Verdichtung
  • Verlust von Retentionsräumen, die bei Hochwasser überflutet werden können
  • Verlust fruchtbarer landwirtschaftlicher Flächen
  • Verlust naturnaher Flächen
  • Zerschneidung von Natur- und Lebensräumen für Flora und Fauna
  • Verlust an Biodiversität
  • Erhöhung von Lärm- und Schadstoffemissionen durch Verkehrsaufkommen
Soziale Folgen:
  • soziale Entmischung
  • Verödung von Innenstädten und gewachsenen Quartieren
  • weite Wege für Versorgung und Freizeit
  • Erhöhung der Abhängigkeit vom PKW
  • hohe Mobilitätskosten

Ökonomische Folgen:
  • Erhöhter Kostenaufwand durch geringere Auslastung bestehender technischer, sozialer und kultureller Infrastrukturen
  • Gleichzeitig steigender Kostenaufwand für die Erschließung, den Ausbau und die Unterhaltung neuer Infrastrukturen im Umland
  • Erhöhter Kostenaufwand zur Beseitigung von Hochwasserschäden
  • Wertverlust von Immobilien im Siedlungsbestand durch Ausweisung neuer Baugebiete im Außenbereich (Überangebot)
Das Ausmaß der Folgen der Flächeninanspruchnahme ist demzufolge sehr umfangreich. Aufgrund der integrativen Funktion des Bodens innerhalb des Naturhaushalts führen Bodenbelastungen zu vielfältigen, häufig schwierig prognostizierbaren Folgen mit synergetischem Charakter. Auch im sozialen und ökonomischen Bereich verfügt der Flächenverbrauch über komplexe Wirkungsketten. Insgesamt bedingen und verstärken sich die verschiedenen Auswirkungen unter- und gegeneinander, so dass ein komplexes Wirkungsgefüge erkennbar ist. Angesichts dieser Auswirkungen ist ein erheblicher Handlungsbedarf zur Reduzierung der Flächeninanspruchnahme zu sehen!

Im folgenden erhalten Sie tiefergehende Informationen zu den komplexen Wirkungsgefügen des Flächenverbrauchs zu verschiedenen Themenbereichen.
 

Boden | Klima | Biodiversität | Wasser | Demografischer Wandel |  Kommunale Planung

 
 → Historische Daten zum Lippemündungsraum " Klima, Unwetter, Hochwasser" Quelle Bügerverein Büderich e.V. https://www.zeitreise-buederich.de/28
 
 

Über den Verlust der Nacht und die Bedeutung der Dunkelheit

Über den Verlust der Nacht und die Bedeutung der Dunkelheit

Weihnachten 2023 Lippemündungsraum

schreibt die Biologin Sopie Kimmig in ihrem im Frühjahr 2023 erschienen Buch: Lebendige Nacht - Vom verborgenen Leben der Tiere.

Erscheinungsdatum: 20.03.2023 | 272 Seiten, Hanser Verlag, ISBN 978-3-446-27611-6 | E-Book ISBN 978-3-446-27696-3 https://www.hanser-literaturverlage.de/buch/lebendige-nacht/978-3-446-27611-6/

Sophia Kimmig, geboren 1988, erforscht an einem Institut der Leibnizgesellschaft in Berlin (https://www.leibniz-gemeinschaft.de/), wie Wildtiere sich an verändernde Lebensraumbedingungen anpassen. 2021 erschien ihr Bestseller Von Füchsen und Menschen. In Vorträgen, durch Medienarbeit und mit ihren Texten verfolgt sie ihr Anliegen, Menschen die Vielfalt und den Wert der Natur näherzubringen und Akzeptanz für Natur- und Artenschutz zu schaffen. Die Autorin lebt in Berlin. 

Ein faszinierendes Paralleluniversum: Sophia Kimmig entführt in die Dunkelwelt und öffnet die Augen für die Wunder der Nacht direkt vor unserer Tür.

Wenn die Sonne untergegangen ist, wird es bei den Wildtieren erst richtig interessant: Wo tagsüber Menschen auf Busse warten, durchwühlt eine Wildschweinfamilie den Mülleimer an der Haltestelle. Füchse suchen nach Futter, Glühwürmchen senden Blinksignale an potenzielle Partner, Waschbären durchstöbern das Gebüsch. Die Nacht ist nicht nur eine Zeit, sondern ein vielfältiger Lebensraum, über den wir immer noch zu wenig wissen. Die Wildbiologin Sophia Kimmig ist den Geheimnissen der Nacht auf der Spur. Sie stellt dabei nicht nur ihre wilden Bewohner vor, sondern zeigt auch, wie es ist, in dieser Parallelwelt zu leben: Wie sie entstand, wie es dort aussieht, sich anfühlt oder riecht. Eine faszinierende Reise zu den Wundern der Nacht. 

in einem eigenen Kapitel beschreibt sie die Folgen der Lichtverschmutzung - für die Natur und insbesondere für uns Menschen

Der Anblick der Milchstrasse ist atembraubend schön, eigentlich kann man sie jede Nacht betrachten, wenn der Himmel nicht von Wolken bedeckt ist. Daß ein Großteil der Menschen sie garnicht kennt, ist Folge unserer Lichtverschmutzung. Künstliches Licht in der Atmosphäre läßt den Nachthimmel zu einem diffusen Glühen verschmelzen. 99% aller Europäer und US Amerikaner leben unter so einem aufgehellten Nachthimmel.

Über den Städten läßt sich die Lichtverschmutzung besonders eindrucksvoll beobachten. Wer sich innerhalb der Stadt befindet, wird bemerken, daß es niemals wirklich dunkel wird. Da Licht heute so günstig ist wie nie zuvor, nimmt die weltweite Lichtverschmutzung um zwei bis sechs Prozent pro Jahr zu.

heller als der Vollmond - hunderte Lichter, die aus einer Entfernung von zig Kilometern sichtbar sind

Die Forschung zur Lichtverschmutzung steckt quasi noch in den Kinderschuhen, denn lange mußte sie um die Anerkennung ihrer Relevanz kämpfen. Bis heute besteht ein mangelndes Problembewußtsein für die negativen Effekte für zu viel Licht zur falschen Zeit und am falschen Platz. Möglicherweise hat dies damit zu tun, daß wir selbst kaum noch ein Gefühl für die Intensität von künstlichem Licht besitzen, nachdem es so allgegenwärtig geworden ist.

Erst wenn man sich bewußt macht, daß künstliches Licht das Tausendfache und Abertausendfache des natürlichen Nachtlichtes in die Dunkelheit bringt, kann man erahnen, wieviel Schaden so ein Eingriff anrichten kann.

Über Millionen von Jahren hat sich die Natur im Rhythmus aus Dunkelheit und Licht entwickelt. Die inneren Uhren der Lebenwesen haben sich genau nach diesem Muster ausgerichtet. Was passiert, wenn dieses natürliche Gleichgewicht durcheinander gerät, sieht man an einer Vielzahl von Lebewesen - von Pflanzen bis zu Tieren.

Geschätzte 150 Milliarden (!) nachtschwärmende Insekten werden allein in Deutschland jedes Jahr durch Licht getötet. Mehrere tausend Nachtfalter können an einer einzigen Laterne in nur einer Nacht ums Leben kommen. In Lichtfallenexperimenten lag der erschreckende Rekord bei der Anzahl angelockter Tiere bei 50.000 Exemplaren.

Auch vielen Vögeln werden die künstlichen Lichter zum Verhängnis. Leuchttürme, Flutlichter, Skybeamer und viele andere Lichter locken Vögel in den Tod, wenn diese damit kollidieren oder bis zur Erschöpfung ihre Kreise um die Lichtquellen ziehen. Das künstliche Licht birgt noch weitere Gefahren, in dem es den Sternenkompass der Vögel durcheinander bringt.... Fledermäuse gehören ebenfalls zu den Leidtragenden künstlich erhellter Nächte....  Auch viele extrem lichtempfindliche Frosch- und Krötenarten werden vom künstlichen Licht im wahrsten Sinne des Wortes geblendet..... künstliches Licht in der Nacht kann auch den Winterschlafrhythmus von Tieren wie z.B. dem Feldhamster durcheinander bringen....

Arten, die im Dunkeln jagen und sich an diesen Lebensraum angepasst haben, bekommen genauso Probleme durch Lichverschmutzung wie diejenigen, die sich im Schutz der Nacht verbergen. Egal ob innere Uhren, saisonale Rhythmen, Orientierung, mondgetriebenes Verhalten, Räuber-Beute-Beziehungen, Partnersuche, Nahrungsnetze oder Fortpflanzung - Licht zur falschen Zeit stört das empfindliche Räderwerk der Natur und bringt über Jahrtausende bis Jahrmillionen entstandene Anpassungen aus dem Gleichgewicht.

Letztlich sind alle Lebewesen in irgendeiner Form von der Dunkelheit abhängig. Wir sollten sie also unbedingt besser schützen.

Die Bedeutung der Dunkelheit

... durch Studien zur Gesundheit von Menschen wissen wir, daß ein Leben gegen den uns angeborenen Rhythmus und zu viel Licht in der Nacht ernsthafte Auswirkungen auf die Gesundheit haben kann. Übergewicht, Prostata- und Brustkrebs, Stress, Depressionen, Tumorwachstum und Parkinson sind nur einige Beispieler, in denen sich Licht negativ auswirken kann.

... Möglicherweise verdanken wir der Nacht neben erholsamen Schlaf und so manchen kreativen Gedanken also sogar unsere Fähigkeit zu sprechen. Wenn es gilt, den Verlust der Nacht zu verhindern, mag das viel essentieller sein, als es zunächst scheint. Die Dunkelheit ist Teil unserer Stammesgeschichte und unserer kulturellen Evolution. Auch wenn wir tagsaktive Wesen sind, gehört die Nacht und der Rhythmus, den sie mit sich bringt, unweigerlich zum Menschsein. Zu guter Letzt brauchen wir die Dunkelheit, weil die Natur sie braucht und wir ein Teil von ihr sind.

Es wird Zeit, daß wir dem Verlust der Nacht mehr Aufmerksamkeit schenken.

Dazu müssen mehr Menschen erfahren, wie verletztlich die Dunkelheit ist und mit ihr das Leben, das sie hervorgebracht hat. Ich persönlich hoffe, dass es hilft, den Menschen die Schönheit der Nacht wieder näher zu bringen. Vielleicht erkennen sie dann, wie schützenswert sie ist.

Während ich eine Hommage an die Nacht geschrieben habe, von dem sie gerade einen Teil lesen, haben sich viele weitere dem Schutz der Nacht verschrieben.

Die >>International Dark Sky Association<< oder weniger dramatisch IDA versteht sich als eine Vereinigung zum Schutz der natürlichen Nacht. Auf ihrer Seite finden sie allerlei Infomationen zur Lichtverschmutzung, aber auch Tipps, wo sie am besten Sterne gucken können.

→ International Dark Sky Association https://darksky.org/

 

Problematik nächtliche Lichtverschmutzung im Lippemündungsraum:

https://initiative-lippemuendungsraum.de/index.php/bedrohungen/lichtverschmutzung

https://initiative-lippemuendungsraum.de/index.php/aktuelles/115-neue-gefaehrdung-von-fledermaeusen-voegeln-und-insekten-im-naturschutzgebiet-der-lippemuendungsregion-durch-naechtliche-lichtverschmutzung

 

Das Buch beschäftigt sich in einem viel größeren Teil mit den Geschöpfen der Nacht, die den allermeisten Menschen entweder garnicht oder nur wenig bekannt sind.

Wem ist schon bewußt, daß schätzungsweise 62% aller Tierarten dämmerungs- bzw. nachaktiv sind? Bei der Säugetieren sind es sogar 2/3, die dämmerungs- bzw. nachtaktiv sind! Etwa ein Fünftel aller Vogelarten singt, fliegt und lebt in der dunklen Tageshälfte. Bei den Amphibien sind mit 90% besonders viele nachtaktiv. Die mit Abstand artenreichste Gruppe unseres Planenten - die Insekten - verteilt sich in etwa gleichen Teilen auf die helle und dunkel Seite des Tages. Auch in der Welt der Pflanzen sind einige auf die Nacht spezialisiert. Offenbar haben sich eine Menge Lebewesen im Lauf der Evolution in der dunklen Seite des Tages eingerichtet.

Im Lauf ihres Buches beschreibt Sophie Kimmig viele von ihnen; eine spannende Reise in eine, in vielen Teilen unbekannte, schöne Welt!

 → zum Buch https://www.hanser-literaturverlage.de/buch/lebendige-nacht/978-3-446-27611-6/ 

 

→ Zu den besonderen Nervenzellen der Netzhaut des Auges, die für die Steuerung des Biorhythmus wichtig sind:

aus WIKIPEDIA   https://de.wikipedia.org/wiki/Fotosensitive_Ganglienzelle

"Fotosensitive Ganglienzellen oder (intrinsisch) photosensitive Ganglienzellen (ipRGC) sind ein Typ von Neuronen in der Netzhaut des Säugetierauges, wo sie neben Stäbchen und Zapfen eine dritte Klasse von Fotorezeptoren bilden. Sie zählen zu den retinalen Ganglienzellen (RGC) und werden erst seit Beginn der 1990er Jahre näher untersucht.[1] Im Unterschied zu den anderen Ganglienzellen der Netzhaut sind sie eigenständig (intrinsisch) lichtempfindlich (photosensitiv). Sie enthalten ein besonderes Photopigment, das Melanopsin. Melanopsinhaltige Ganglienzellen sind über die ganze Netzhaut verteilt, aber im unteren nasalen Teil empfindlicher.[2]

Funktion

Photosensitive Ganglienzellen machen nur einen kleinen Anteil der Ganglienzellen der Netzhaut aus (rund 1 %). Sie transduzieren Licht deutlich langsamer als Stäbchen- oder Zapfenzellen in zelluläre Signale. Ihre Funktion ist nicht die Bild- oder Mustererkennung, sondern eine stabile Wahrnehmung der Umgebungshelligkeit.[3] Dabei erfüllen sie mindestens drei Hauptfunktionen:

Das Fotopigment der fotosensitiven Ganglienzellen, Melanopsin, wird am stärksten von Licht im kurzwelligen (blauen) Bereich des sichtbaren Spektrums angeregt. Die maximale Empfindlichkeit liegt bei einer Wellenlänge von 480 nm.[4]"