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Dramatisches Artensterben in NRW, Feuchtgebiete wie z.B. Auen sind besonders betroffen - Bericht über gefährdete Arten LANUV NRW Mai 2024

Dramatisches Artensterben in NRW

Feuchtgebiete wie z.B. Auen sind besonders betroffen

Bericht über gefährdete Arten -  LANUV NRW Mai 2024

 

Minister Oliver Krischer: Ohne eine intakte Natur gefährden wir unsere Lebensgrundlagen

Fast jede zweite Art in NRW gefährdet: „Allerweltsarten“

Talsohle beim Insektensterben steht noch bevor

Neue Rote Liste: Bewohner von Feuchtgebieten besonders gefährdet

" Rote Listen für Nordrhein-Westfalen: Aktualisierter Umweltindikator „Gefährdete Arten“ veröffentlicht – Rund 44,4 Prozent der untersuchten Arten sind gefährdet, bedroht oder bereits ausgestorben 

In Nordrhein-Westfalen ist weiterhin ein Großteil der beobachteten Tier-, Pilz- und Pflanzenarten akut gefährdet. Zu diesem Ergebnis kommt das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) nach der vorläufigen Auswertung der aktuellen Roten Listen und der damit verbundenen Berechnung des Umweltindikators „Gefährdete Arten“. Demnach gelten rund 44,4 Prozent der untersuchten Tier-, Pilz- und Pflanzenarten in Nordrhein-Westfalen als gefährdet. Damit ist seit der letzten Erhebung im Jahr 2011 mit damals 46,3 Prozent zwar eine leichte Verbesserung festzustellen. 

„Der weltweite Artenrückgang ist neben dem Klimawandel die zweite ökologische Krise unserer Zeit. Durch eine ambitionierte Naturschutzpolitik konnten wir in Nordrhein-Westfalen zwar eine leichte Verbesserung erreichen. Aber für eine Entwarnung ist es viel zu früh. Unsere Artenvielfalt ist weiterhin dramatisch gefährdet“, sagte Umweltminister Oliver Krischer bei der Vorstellung der vorläufigen Zahlen in Düsseldorf. Besorgniserregend sei, dass auch typische Arten der Feldflur und früher ungefährdete „Allerweltsarten“ in den Roten Listen zu finden sind und hier noch keine Trendumkehr erkennbar ist. So gelten Feldsperlinge nach wie vor als gefährdet und der früher häufige Schmetterling Kleiner Fuchs wird heute bereits in manchen Regionen auf der Vorwarnliste geführt. Ziel der Landesregierung ist es, den Anteil der gefährdeten Arten bis 2030 auf 40 Prozent zu reduzieren. 

Mehr als 43.000 verschiedene Tier-, Pilz- und Pflanzenarten und rund 70 verschiedene Lebensräume bilden die Grundlage für den Artenreichtum in Nordrhein-Westfalen. Dass ein aktiver Naturschutz wirkt, zeigt die aktive und erfolgreiche Wiederansiedlung von ehemals ausgestorbenen Tierarten wie dem Uhu, dem Lachs, dem Biber oder dem Wanderfalken. Es kehren aber auch viele Tiere auf natürlicher Art zurück, weil sich die Lebensräume qualitativ verbessert haben, wie zum Beispiel die Weißstörche, die Anfang der 1990er-Jahre in Nordrhein-Westfalen so gut wie ausgestorben waren und von denen im Jahr 2022 landesweit wieder 705 Brutpaare mit insgesamt 1.203 ausgeflogenen Jungvögeln nachgewiesen werden konnten, oder der Otter, der selbstständig den Weg zurück ins Münsterland gefunden hat. 

Die Rückkehr von Tierarten wird möglich, wenn deren Lebensräume wiederhergestellt worden sind und damit die Tiere die entsprechenden Rückzugsräume für ein Überleben in möglichst naturnahen Biotopen finden. So konnten beispielsweise durch die Ausweisung von rund 100 Wildnisentwicklungsgebieten und weiteren Schutzgebieten wichtige Lebensräume für gefährdete Arten, wie etwa für die Wildkatze und den Schwarzstorch, geschaffen werden. Einst ausgestorbene Tier- und Pflanzenarten sind mittlerweile wieder in Nordrhein-Westfalen heimisch und in ihrem Bestand gefährdete Arten konnten sich wieder erholen. So profitieren Bachforellen und viele Libellenarten von der Renaturierung und Verbesserung der Gewässergüte von Fließgewässern – ebenso wie die Emscher-Groppe, die mit der Renaturierung des ehemaligen Abwasserkanals Emscher wieder in die gesamte Region zurückkehren kann. Das gilt gleichermaßen für unzählige Fischnährtiere bis hin zu Amphibien, die in den letzten rund 200 Jahren im Ruhrgebiet aus dem Emscher-Raum praktisch verschwunden waren. Minister Krischer: „Ein ambitionierter Naturschutz zeigt Wirkung. Aber von einer nachhaltigen Trendumkehr können wir noch nicht reden.“ 

Arten mit stärkerer Gefährdung 

Bei den Vögeln sind Verschlechterungen vor allem bei den Arten des agrarisch genutzten Offenlandes wie zum Beispiel der Feuchtwiesen, der Arten in Heiden und Mooren festzustellen. Hierzu gehören die stark gefährdeten Arten Großer Brachvogel und Krickente (beide zuvor gefährdet) und die gefährdeten Arten Rohrweihe und Rohrammer (beide zuvor Vorwarnliste). 

Verschlechterungen wurden auch bei Fischen wie dem Flussneunauge (Kategorie 1 „vom Aussterben bedroht“, zuvor Kategorie3 „gefährdet“) oder der Nase (Kategorie 3 „gefährdet“, zuvor Vorwarnliste) festgestellt. Bei Farn- und Blütenpflanzen gibt es deutliche regionale Unterschiede, wobei sich die Gefährdungslage vor allem im Tiefland weiter verschlechtert hat. 23 Arten, die noch in der zuletzt veröffentlichten Roten Liste vor gut einem Jahrzehnt als ungefährdet bewertet werden konnten, mussten in der nun vorgelegten Liste verschiedenen Gefährdungsstufen zugeordnet werden. Darunter fallen zahlreiche Arten des Grünlandes, wie zum Beispiel Weide-Kammgras (Kategorie 3 „gefährdet“, zuvor Vorwarnliste), Wiesen-Storchschnabel (Kategorie 3 „gefährdet“, zuvor ungefährdet), Berg-Platterbse (Kategorie 3 „gefährdet“, zuvor ungefährdet) oder Sumpf-Sternmiere (Kategorie 2 „stark gefährdet“, zuvor Kategorie 3 „gefährdet“).

Bewertet wurde zudem die Gefährdung von mehr als 1.700 regelmäßig vorkommenden Schmetterlingsarten, von denen mehr als die Hälfte einer Gefährdungskategorie zugeordnet sind. Neben lang- und kurzfristigen Trends in der Gefährdung reduziert sich auch die Häufigkeit früher weit verbreiteter Arten teilweise sehr stark.

So musste der Kleine Fuchs, vor 20 Jahren einer der häufigsten Tagfalter, bereits in einigen Regionen in Nordrhein-Westfalen auf die Vorwarnliste gesetzt werden.

Arten mit geringerer Gefährdung 

Bei Vogelarten der Wälder und Gebüsche zeigen sich Verbesserungen. Hierzu gehören Raubwürger (Kategorie 2 „stark gefährdet“, zuvor „Kategorie 1 „vom Aussterben bedroht“), Baumpieper (Kategorie 3 „gefährdet“, zuvor Kategorie 2 „stark gefährdet“), Gartenrotschwanz (Vorwarnliste, zuvor Kategorie 2 „stark gefährdet“) und Waldlaubsänger (Vorwarnliste, zuvor Kategorie 3 „gefährdet“). Verbesserungen sind auch bei Maifischen (Kategorie 1 „vom Aussterben bedroht“, zuvor Kategorie 0 „ausgestorben oder verschollen“) zu erkennen, die durch gezielte Naturschutzmaßnahmen wieder angesiedelt wurden. Die Bestände der Bachforelle sind in NRW stabil und können als ungefährdet eingestuft werden.

Bei den Farn- und Blütenpflanzen konnten 15 bisher gefährdete Arten nun als ungefährdet bewertet werden. Hierzu gehören Roggen-Trespe, Langjährige Segge, Nadel-Sumpfbinse oder Teichlinse. Erfreulich sind Erholungstendenzen bei den Ackerwildkräutern, die in manchen Landesteilen, zum Beispiel im Sauerland, recht auffällig sind zum Beispiel Roggen-Trespe oder Acker Hohlzahn. Hier wirken sich die Maßnahmen des Vertragsnaturschutzes in Verbindung mit einem Blühstreifenmanagement positiv aus.

Auch bei den Schmetterlingen konnte die Gefährdung einiger Arten – wie Mädesüß-Perlmutteralter (Kategorie 3 „gefährdet“, zuvor Kategorie 2 „stark gefährdet“), Kleiner Perlmutterfalter (Vorwarnliste, zuvor Kategorie 3 „gefährdet“), Kleiner Sonnenröschen-Bläuling (Vorwarnliste, zuvor Kategorie 2 „stark gefährdet“) oder Brombeer-Zipfelfalter (Kategorie 3 „gefährdet“, zuvor Kategorie 2 „stark gefährdet“) – niedriger eingestuft werden. Hierbei handelt es sich allerdings um wärmeliebende Arten, die durchaus vom globalen Temperaturanstieg in Folge der Klimakrise profitiert haben könnten.

Intakte Lebensräume notwendig für Trendumkehr 

Die Ursachen des Artenrückgangs und des Verlustes an biologischer Vielfalt sind häufig menschengemacht: „Hierzu gehören insbesondere eine anhaltend intensive Flächennutzung, die Zerstörung und Zerschneidung naturnaher Lebensräume und der fortschreitende Flächenverbrauch“, sagte die Präsidentin des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV), Elke Reichert. „Auch die Auswirkungen des Klimawandels führen zu Veränderungen der biologischen Vielfalt.“ So gingen im Jahr 2022 durchschnittlich etwa 5,6 Hektar pro Tag an Lebensraum für eine Vielzahl von Pflanzen-, Pilz- und Tierarten durch neue Siedlungs- und Verkehrsflächen verloren.

Die Landesregierung will dem Verlust der biologischen Vielfalt und dem fortschreitenden Artenrückgang gegensteuern. „Ohne eine intakte Natur, ohne ein wildes und lebendiges Nordrhein-Westfalen, sind unsere Lebensgrundlagen gefährdet“, sagte Minister Krischer. „Die Landesregierung hat sich vorgenommen, mit einer Vielzahl von Maßnahmen und einer umfangreichen Finanzierung die Biodiversitätskrise wirksam zu bekämpfen und in allen Politikfeldern mitzudenken.“

Um eine nachhaltige Trendumkehr beim Artenverlust zu erreichen, muss die Qualität der natürlichen Lebensräume verbessert werden. Viele Lebensräume für wild lebende Tier- und Pflanzenarten in Nordrhein-Westfalen sind weiterhin nicht in einem guten Zustand. Rund 80 Prozent der Lebensräume im nordrhein-westfälischen Tiefland sind in keinem guten Erhaltungszustand, allen voran Moore, Grünland- und Gewässerlebensräume sowie Eichen- und Auenwälder. Im Bergland sieht es deutlich besser aus: Hier sind fast 60 Prozent in einem günstigen Erhaltungszustand. Diese Zahlen belegt der FFH-Bericht für Nordrhein-Westfalen, den das LANUV zuletzt 2019 vorlegte. Er zeichnet ein ambivalentes Bild des Erhaltungszustands der beiden großen nordrhein-westfälischen Lebensräume, dem atlantisch geprägten Tiefland (Westfälische Bucht, Niederrheinische Bucht, Niederrheinisches Tiefland) und dem kontinental geprägten Bergland (Weser- und Osnabrücker Bergland, Rheinisches Schiefergebirge).

Bei den Gewässern sind derzeit nur 8,8 Prozent aller Fließgewässer in Nordrhein-Westfalen in einem sehr guten oder guten ökologischen Zustand.

Potenzialanalyse Moorschutz vorgestellt 

Ein wichtiger Baustein für den Schutz der biologischen Vielfalt ist die Renaturierung von Mooren. Als ersten Schritt hat das LANUV hierzu ein Naturschutz-Fachkonzept zur Wiederherstellung von Mooren in Nordrhein-Westfalen erstellt.

„Moore sind Alleskönner. Sie schützen nicht nur das Klima, sondern sind wichtige Lebensadern für die biologische Vielfalt und den Wasserhaushalt“, sagte Minister Krischer. „Denn Moore sind unsere bedeutendsten natürlichen Kohlenstoffspeicher, bieten Lebensraum für viele seltene und gefährdete Arten und sind wichtige Wasserspeicher.“ 

Die ursprüngliche Fläche der Moore ist allerdings auch in Nordrhein-Westfalen durch Landnutzungsänderungen und Entwässerungsmaßnahmen historisch deutlich zurückgegangen. Intakte und naturnahe Moorflächen finden sich heute nur noch auf Restflächen vor allem in Schutzgebieten. So nehmen Moor-Lebensraumtypen nach der europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie heute nur noch rund 1.620 Hektar ein. Beispiele sind das FFH-Gebiet „Großes Torfmoor, Altes Moor“ im Kreis Minden-Lübbecke, das „Amtsvenn und Hündfelder Moor“ im Kreis Borken oder das „Mettinger und Recker Moor“ im Kreis Steinfurt. 

Nach der naturschutzfachlichen Analyse des LANUV besteht in Nordrhein-Westfalen ein theoretisches Potenzial für die Renaturierung von Mooren von insgesamt 23.260 Hektar. Von diesem Suchraum entfallen 2.240 Hektar auf eine mögliche Renaturierung von Hochmooren, die von Regenwasser gespeist werden und durch nährstoffarme Lebensräume charakterisiert sind. Das theoretische Renaturierungspotenzial für Übergangsmoore und Niedermoore, die Anschluss zum Grundwasser haben und häufig zum Beispiel in Flussniederungen vorkommen, umfasst 20.590 Hektar. Weiteres Potenzial besteht auf rund 430 Hektar, wobei der Moortyp hier indifferent ist. 

„Unsere Analyse zeigt, dass in Nordrhein-Westfalen naturschutzfachlich ein großes theoretisches Potenzial für die Wiederherstellung von Mooren besteht“, erläuterte LANUV-Präsidentin Reichert bei der Vorstellung der Potenzialstudie. „Die früheren Moor-Standorte unterliegen heute aber ganz unterschiedlichen Landnutzungen. Vor einer Umsetzung von Projekten gilt es daher, gemeinsam mit den relevanten Institutionen zu prüfen, welche Flächen tatsächlich für eine Wiedervernässung in Frage kommen“. Dabei soll der Fokus vor allem auf bestehende Schutzgebiete gelegt werden, die etwa die Hälfte des Suchraums einnehmen.

Dialogprozess zum Moorschutz geplant

Mit der Vorlage der Potenzialanalyse durch das LANUV will das Umweltministerium in den nächsten Monaten einen Dialogprozess mit Stakeholdern über die weitere Umsetzung der Maßnahmen starten. Auf der „Moorschutzkonferenz NRW“ im November in Düsseldorf sollen erste Umsetzungsmaßnahmen und Fördermöglichkeiten vorgestellt und diskutiert werden. Über die Europäische Union (EU), Bund und Land stehen bereits verschiedene Förderangebote bereit bzw. werden aktuell entwickelt, die eine Pflege und Renaturierung von Moorlebensräumen unterstützen. 

Über das neue Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz des Bundes stehen künftig weitere Mittel zur Verfügung. Diese gilt es gemeinsam mit den verschiedenen Partnern umfangreich zu nutzen. 

Von einer erfolgreichen Wiedervernässung von Mooren profitieren auch viele seltene und gefährdete Arten. Hierzu gehört zum Beispiel die Bekassine, die heute in Nordrhein-Westfalen nur noch in drei FFH-Gebieten in den Kreisen Steinfurt und Minden-Lübbecke vorkommt. Aber auch Moorfrösche, Großlibellen wie die Große Moosjungfer, die verschiedenen Sonnentau- und Torfmoosarten oder Orchideen wie das Moor-Knabenkraut finden in Mooren wertvollen Lebensraum.

Zur Methodik: 

Die Roten Listen basieren auf Erhebungen von zahlreichen ehrenamtlichen Institutionen und werden in Nordrhein-Westfalen etwa alle zehn Jahre für verschiedene Artengruppen erstellt. Aus ihnen leitet das LANUV den Indikator der „Gefährdeten Arten“ ab. 

Datengrundlage des Indikators sind die Roten Listen der gefährdeten Pflanzen, Tiere und Pilze. Die Gefährdungsabschätzung für die einzelnen Arten erfolgt etwa alle zehn Jahre. In der Auswertung wurden rund 3.600 Arten berücksichtigt. Im aktuellen Erhebungszyklus sind bislang die Artengruppen der Farn- und Blütenpflanzen, Armleuchteralgen, Rotalgen und Braunalgen, Vögel, Fische und Rundmäuler, Schmetterlinge, Laufkäfer, Steinfliegen, Eintagsfliegen und Köcherfliegen abgeschlossen, weitere Artengruppen folgen in den nächsten Monaten.

Mit der Vorlage der Roten Liste NRW 2011 wurde das Veröffentlichungsformat geändert. Mit dem Start der aktuellen Erhebung werden die Roten Listen für die Einzelgruppen fortlaufend veröffentlicht und nicht mehr zu einem Stichtag. Etwa alle zehn Jahre wird auf dem Erhebungszeitraum der Umweltindikator „Gefährdete Arten“ als umfassende Klammer für alle Listen aktualisiert und veröffentlicht. Der nächste Erhebungszeitraum soll 2031 beginnen. 

Weitere Informationen

 

Quelle Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr NRW 21. Mai 2024 https://www.umwelt.nrw.de/minister-oliver-krischer-ohne-eine-intakte-natur-gefaehrden-wir-unsere-lebensgrundlagen  | LANUV NRW Pressemitteilung 21. Mai 2024 https://www.lanuv.nrw.de/landesamt/veroeffentlichungen/pressemitteilungen/details/4315-minister-oliver-krischer-ohne-eine-intakte-natur-gefaehrden-wir-unsere-lebensgrundlagen

Faktencheck Artenvielfalt | Living Planet Index

weitere Verweise

WDR Stand: 21.05.2024, 14:50 Uhr  - Neue Rote Liste: Bewohner von Feuchtgebieten besonders gefährdet https://www1.wdr.de/nachrichten/landespolitik/rote-listen-bedroht-arten-100.html

"Landesumweltminister Oliver Krischer (Grüne) hat die neuen Roten Listen gefährdeter Arten vorgelegt. Von 43.000 Tier- und Pflanzenarten ist rund die Hälfte bedroht.

Von Doro Blome-Müller

Umweltminister Oliver Krischer hat eine Grafik zusammenstellen lassen, wie sich die Situation von Lebewesen, seien es Tiere, Insekten, Pilze, Fische oder Pflanzen, seit den 1990er Jahren entwickelt hat. Entwarnung kann er nicht geben.

"Das muss uns mit Sorge erfüllen" Umweltminister Oliver Krischer

"Wir haben einen unverändert hohen Anteil an bedrohten Tier- und Pflanzenarten", sagte Krischer am Dienstag in Düsseldorf. "Das heißt die Situation, wie sie im 20. Jahrhundert entstanden ist, ist im 21. Jahrhundert nicht wirklich besser geworden. Und das muss uns mit Sorge erfüllen."

Besonders besorgt den Umweltminister, dass auch immer mehr ehemals weit verbreitete Tier- und Pflanzenarten auf den Roten Listen landeten. Der Kiebitz zum Beispiel oder der Kuckuck. Oder auch der Tagfalter Kleiner Fuchs.

Fieberthermometer Rote Listen

Die Roten Listen sind eine Art "Fieberthermometer", das den jeweils aktuellen Zustand der Pflanzen- und Tierwelt darstellt. Sie sollen Defizite und Fehlentwicklungen benennen und Vorschläge für dringenden Handlungsbedarfmachen. Den sieht das Landesumweltministerium derzeit vor Allem bei den Feuchtgebieten. Bewohner von Heiden, Feuchtwiesen und Mooren, wie zum Beispiel die Uferschnepfe oder der Brachvogel, seien Verlierer des Klimawandels. In Dürrejahren bekämen sie kaum noch Nachwuchs.

Hilfsprojekt für die Moore

Als wichtigen "Player" der Biodiversität hat die Landesregierung die Moore identifiziert. Nur noch auf 1.600 Hektar sind in Nordrhein-Westfalen intakte Moore vorhanden. Diese sollen verstärkt geschützt werden, wofür Umweltminister Oliver Krischer gute Chancen sieht, denn sie lägen überwiegend in ohnehin schon unter Schutz stehenden Gebieten.

Die neue Rote Liste für NRW

Zu den stark gefährdeten Arten (Kategorie 2) gehört in NRW nun die Rohrweihe. Der Raubvogel jagt dicht über dem Boden fliegend in Feuchtgebieten und Mooren.

Aber auch trockengelegte Moore sollen wiederbelebt werden. "Wir sehen dafür auch eine gute Perspektive, weil der Bund mit seinem Aktionsprogramm "Natürlicher Klimaschutz" insgesamt 4 Milliarden Euro zur Verfügung stellt, um solche Naturschutzmaßnahmen zu machen."

Naturschutz wirkt

Dass Naturschutz wirkt, macht der Umweltminister an mehreren Beispielen fest. So sei es zum Beispiel gelungen, wieder mehr Weißstörche in NRW anzusiedeln. 1990 habe es noch ganze drei Paare im Land gegeben, mittlerweile sei der Bestand auf mehr als 700 angewachsen. Auch Bieber, Wanderfalke oder Maifisch seien positive Beispiele.

Keine Trendwende bei Insekten

Keine guten Neuigkeiten gibt es dagegen bei den Insektenarten. Zwar seien generell wieder mehr unterwegs, allerdings seien die vor allem in geschützten Gebieten zu finden. Unsere Lebensweise sei weiterhin schlecht für ihren Lebensraum und so gebe es auch noch keine Trendwende bei den Insekten.

Um deren Entwicklung im Auge zu behalten, gibt es darüber hinaus ein ganz profanes Problem. Die Daten für die Roten Listen werden weitgehend von Ehrenamtlern gesammelt. Gerade für Insekten gäbe es aber immer weniger Menschen, die genug Fachwissen haben, um die verschiedenen Arten auch zu identifizieren."

Rheinische Post  21.05.2024 , 14:44 Uhr https://rp-online.de/nrw/landespolitik/talsohle-beim-insektensterben-in-nrw-steht-noch-bevor_aid-113081097

Süddeutsche Zeitung 21. Mai 2024 - 14:46 https://www.sueddeutsche.de/wissen/umwelt-fast-jede-zweite-art-in-nrw-gefaehrdet-allerweltsarten-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-240521-99-109475

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Insektenschutz - Lippedorfs Imker

Bienen im Lippedorf

 

 Hallo,

Ich würde mich gerne vorstellen. 

Mein Name ist Klaus Bialkowski und bin Imker hier im Lippedorf.

2010 zogen wir mit unseren drei Kindern von Hünxe nach Wesel und erfüllten uns einen Traum mit und in der Natur zu leben.

Wir pflanzten viele Obstbäume mussten aber schnell feststellen, das diese ohne Bestäubung kaum Obst hervorbringen.

In Münster und Duisburg besuchte ich Lehrgänge, um mich zum Imker weiterzubilden.

 

Sechs Bienenvölker stehen und leben zur Zeit bei uns im Garten, was im Sommer ca. 240.000 Tausend Tieren entspricht.

Menschen sprechen bei Bienen oft von ihrem köstlichen Honig den sie als Nahrung sammeln. Aber der Besuch und die damit stattfindende Bestäubung ist für Blumen und Bäume, die doch viel Wichtigere Aufgabe. Bienen gestallten durch ihre Sammelleidenschaft Landschaften. Blumen blühen intensiver, Obst wird größer und resistenter. Ernten fallen größer aus. Biovitalität der Lebensräume nehmen zu.

 

 Eine alte Weisheit sagt: Stirbt die Honigbiene, stirbt der Mensch vier Jahre später.

      

Selbst Menschen profitieren auch direkt von diesen Tieren. Der von diesen Tieren produzierte Honig ist voller Überraschungen. Honig ist keine Arznei, hat aber für den Menschen viele positiven Eigenschaften. Durch den Verzehr von Honig aus der Region können Pollenallergien gemindert werden. Bei Erkältungen kann Honig, Husten und Halsschmerzen abschwächen. Er hat antibakterielle Wirkung. Auf unsere Verdauung wirkt es beruhigend.

Honig galt schon 3000 v. Chr. im Alten Ägypten als Speise der Götter, sowie als Quelle der Unsterblichkeit. Bei Ausgrabungen von Königsgräbern wurde Honig oft als Grabbeigabe gefunden.

 

Hier im Lippedorf haben wir eine einzigartige Landschaft.

Die am Niederrhein selten gewordenen Magerwiesen, mit ihren Pflanzen, die unseren Honig zu etwas besonderen machen.

Naturschutzflächen die keine Spritzmittel kennen. Hier darf der Löwenzahn noch Blühen. 

Rubinie  mit ihrer betörenden, nach Parfüm duftenden Blütendolden.

Sommer und Winterlinden bringen dem Honig in manchen Jahren einen leichten Pfefferminz Geschmack. 

Milder und sehr feiner Löwenzahnhonig, einfach nur Lecker.

Anstelle von Zucker etwas Honig im schwarzen Tee und so den feinen Geschmack des Honigs herausschmecken.

 

Aber Bienen können noch mehr! „Apitherapie“ ist das Schlagwort.      

Propolis, Wachs, Bienengift, Honig, Pollen, Gelee Royal und die Bienenluft aus dem Bienenstock werden zu Therapeutischen Behandlungen verwendet. 

 

Aber wie lange noch?

 

Seit Jahren beobachten Forscher und Imker das Bienensterben mit wachsender Unruhe.

Als Gründe gelten der Einsatz von Pestiziden, eintönige Landschaften, fehlende Nahrungsquellen, Verlust des natürlichen Lebensraums der Tiere.

Weltweit sterben Jahr für Jahr ganze Stämme der schwarz-gelben Insekten und die Abstände zwischen den Jahren mit hohen Verlustraten werden immer kürzer.

Allein in Deutschland ist nach Angabe des Deutschen Imkerbundes die Zahl der Bienenvölker seit 1952 von 2,5 Millionen auf heute weniger als eine Millionen zurückgegangen.

 

Weltweit gibt es schätzungsweise 20.000 verschiedene Bienenarten. Doch nur neun Arten produzieren Honig. Bienen und andere Insekten spielen bei 35 Prozent der weltweiten Lebensmittelproduktion eine wichtige Rolle.

Bienen sind ein gigantischer Wirtschaftsfaktor und die wichtigste Arbeitskraft in der Landwirtschaft. Weltweit sorgen sie mit ihrer Bestäubungsleistung für eine Wertschöpfung von etwa

200 Milliarden Euro pro Jahr. ( Quelle:Forschungszentrum CNRS Montpellier)

 

Ohne Bienen gäbe es nicht nur keinen Honig, auch Obst und Gemüse würden zu Luxusgütern- die Tiere bestäuben rund 80 Prozent unserer Nutz und Wildpflanzen.

 

Eine neue Studie zufolge würde ein Aussterben der Biene zu jährlichen 1,4 Millionen zusätzlichen Todesfällen führen, weil weniger Obst, Gemüse und Getreide geerntet werden können.

Die Folgen dieser Ernteausfällen wären ein Mangel an Vitamin A und Vitamin B sowie eine Zunahme von Herz- Kreislauf Erkrankungen und einigen Krebsarten.

Allein bei der Halbierung der Bienenpopulation schätzt die Wissenschafter 700.000 zusätzlichen Todesfällen.( Quelle:  Die Welt )

 

Naturschutzflächen müssen weichen. Industriegebiete werden erweitert.

Ackerflächen sollen verschwinden und zu Gewerbeflächen umgewandelt werden. 

 

Aus Pflastersteinen können Bienen kein Honig machen!

 

Hier werden unsere Bienen verhungern! 

 

Futterflüge werden zu lang. Der dadurch entstehende Stress lässt Bienen erkranken und sie werden anfällig gegen Infektionen.

Aber ein weiteres, die meist unmerkliche Lichtverschmutzung ist nicht nur für Menschen, Tiere und gerade Insekten besonders schädlich. 

Störung des Tag -Nacht Rhythmus, führt zum Artenschwund. 

Künstliche Lichtquellen stören die Orientierung oder können eine Paarung z.B. bei Glühwürmchen unmöglich machen. Unsere letzten Nachtigallen werden ganz verstummen.

Bienen fallen unmerklich unserem  intensiven Straßenverkehr zum Opfer.

So wird die Imkerei hier im Lippedorf wohl über kurz oder lang nicht mehr durchführbar sein.

 

Ein letztes Wort Biotopvernetzung.

Rechts und links der Frankfurter Straße liegen Magerwiesen. Diese wertvollen Flächen wurden zu Naturschutzgebieten. Ein genetischer Austausch ist durch die Frankfurter Straße kaum möglich! 

Eine Todeszone für Eidechsen, Frösche und Kröten sowie Wild.

 

 

Ihr Imker 

Klaus Bialkowski

 

 

 

im März 2018 stellt die Stadt Wesel fest: http://ratsinfo.wesel.de/bi/vo0050.asp?__kvonr=4389&voselect=1555

 

"Sachdarstellung/Begründung:

Ohne Bestäubung keine Nachkommen. Dieses gilt für fast 90 % der Pflanzen. Die wichtigsten Bestäuber sind Insekten. Ihre Menge hat in den vergangenen 25 Jahren drastisch um bis zu 80 % abgenommen, wie Langzeituntersuchungen des Entomologischen Vereins Krefeld belegen. Vielen Insekten fehlen Rückzugsgebiete und Nahrungsquellen. Nachfolgende Maßnahmen sollen dem entgegenwirken.

 Artenreiche Wegeränder

 Das Belassen von Feld- und Wegerändern ist eine dauerhafte Maßnahme zur qualitativen Verbesserung in der Agrarlandschaft. Dieses besagt auch die Biodiversitätsstrategie des Landes NRW.

Auf Initiative des NABU – Kreisgruppe Wesel möchte die Betriebsleitung ein Projekt zur naturschutzgerechten Pflege von Wegerainen beginnen. Hier sollen durch eine extensive Bewirtschaftung (1 x jährliches Mähen Ende September) die Wege- und Bankettbereiche einer insektenfreundlicheren Entwicklung zugeführt werden.

Wildblumenwiesen im innerstädtischen Bereich (öffentliche Grünflächen)

Derzeit sind in Deutschland rund 14 % der Landesfläche bereits besiedelt, Tendenz steigend, sodass dem urbanen Raum eine wachsende Rolle als Lebensraum zukommt.

Im Betriebsausschuss am 04.12.2014 wurde u.a. beschlossen, an 3 verschiedenen Stellen im Stadtgebiet, Rasenflächen in Wildblumenwiesen umzugestalten.

... Es bleibt festzustellen, dass Wildblumenwiesen sich auf mageren bzw. nährstoffärmeren Standorten am besten entwickeln. Die nährstoffreicheren Böden, die man in der Regel am Niederrhein vorfindet, sind weniger geeignet für pflegereduzierte Wildblumenwiesen...."

 

 

>> Die Magerwiesen von Lippedorf sind bestens geeignet, die Insekten im Lippemündungsraum zu schützen! <<

 

NABU - Infos zu Insekten: https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/insekten-und-spinnen/index.html?ref=nav 

NABU Tagfalter in NRW: https://nrw.nabu.de/tiere-und-pflanzen/aktionen-und-projekte/tagfaltermonitoring/tagfalter-nrw/

NABU Aktion Insektensommer: https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/aktionen-und-projekte/insektensommer/

 

Updates

September 2020 - Unser Imker beklagt den Tod von 3 Bienenvölkern in diesem Sommer, sie flogen im Naturschutzgebiet des Lippemündungsraums

Umweltinstitut: Pestizidrückstände in der Luft verbreiten sich über weite Strecken und gefährden auch Lebewesen / Insekten / Bienen in Naturschutzgebieten: http://www.umweltinstitut.org/aktuelle-meldungen/meldungen/2020/pestizide/pestizidrueckstaende-in-der-luft-wir-haben-nachgemessen.html

Campact Aktion: Kein Rechtsbruch für Binenengift: https://aktion.campact.de/bienengift/kloeckner/teilnehmen